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„Erzähl bitte die Geschichte“ – Omar Khir Alanam im Interview


Der von mir sehr geschätzte Kollege und Freund Omar Khir Alanam, dessen Buch “Danke!” seine Reise und die Geschichte zweier Länder aus erster Hand erzählt, hat dankenswerterweise die Zeit gefunden, zwischen all seinen Terminen, die er jetzt hat, auch mir ein kurzes Interview zu geben. Die Fragen kratzen natürlich nur an der Oberfläche – Wer dieses hitzige Thema aus der Nähe erforschen will, wird in diesem Buch fündig und unterstützt damit einen guten Zweck.

Erzähl bitte die Geschichte, wie genau du dazu kamst, das Buch “Danke” schreiben zu können. Wie kamst du dorthin, wo du jetzt bist, und warum war es dir ein Anliegen, es zu tun?

Omar Khir Alanam: Ich bin durch einen Beitrag von mir im ZIB Magazin im ORF zu dem Buch gekommen. Der Chef des Verlages hat diesen Beitrag gesehen und wollte dann mit mir etwas machen. Natürlich wollte ich schon lange ein Buch machen, und das was ich sage, “Danke”, wollte ich schon lange sagen. Das Buch erzählt ein bisschen von der Zeit, die ich hier gelebt habe, und das meiste, was ich hier erlebt habe, war positiv – deshalb trägt das Buch diesen Titel.

Ich finde das ist wichtig, weil es viel erklärt und es ist die zweite Stimme. Es wird immer über geflüchtete Menschen geredet, aber nicht mit ihnen. Wenn man das Buch liest, bekommt man ein klares Bild und versteht die ganze Situation besser. Das wichtigste ist, dass das Buch die Menschen zusammenbringt und die Menschen nicht voneinander trennt. Das ist die Aufgabe der Kunst und Literatur, dass sie die Menschen zusammenbringt.

Hast du als Kind auch gelesen und geschrieben?

Omar: Nein. Ich habe erst damit angefangen, als ich zwischen 16 und 17 Jahre alt war
.

Welches Medium (Musik, Bücher, Internet, Fernsehen, Poetry Slams) auf Deutsch hat dich deiner Meinung nach am Stärksten beeinflusst und wie?

Omar: Das Internet, weil dadurch habe ich viele Veranstaltungen gesehen. Dort habe ich dann viele Menschen getroffen und ich konnte meine Sprache bei den Veranstaltungen mit den Menschen verbessern.

Welches Buch in deiner Muttersprache (das es übersetzt gibt) kannst du uns empfehlen?

Omar: Alle Bücher von Khalil Gibran.

Gibt es überhaupt wertvolle Literatur aus deinem Land?

Omar: In Syrien ist Literatur was die Regierung sagt/erlaubt. Man darf nicht frei schreiben. Aber trotzdem gab es gute Literatur und auch viele, die im Exil leben, z.B. Rafik Schami. Aber diese Autoren sind in Syrien verboten.

Wann kam für dich der Zeitpunkt, an dem du erkannt hast, dass das Schreiben von Texten deine Berufung ist?

Omar: Das habe ich zwischen 16 und 17 Jahren nach einer Lesung, bei der ich mit einem Lehrer war, angefangen. Gleich am nächsten Tag wollte ich ein Gedicht schreiben. Aber diese Sehnsucht hat erst 2011 richtig angefangen und was mich inspiriert hat, waren die Demonstrationen der Menschen und ihre Rufe: “Frieden! Frieden! Freiheit! Freiheit!”. Diese Rufe wurden von Hass, Tod, Gewalt, Liebe, Freude begleitet. All diese Gefühle habe ich zusammen an einem Platz erlebt und das hat mich sehr inspiriert.

Hast du das Gefühl, dass du integriert bist?

Omar: Was heißt Integration?

Als 2. Künstler, den ich kenne, der häufig von einer “7” spricht: Möchtest du uns einen Hinweis geben, wie man herausfindet, was sie für dich bedeuten könnte? Wo könnte ich nachlesen, wenn ich besser verstehen will?

Omar: In meinem neuen Buch “Danke! Wie Österreich meine Heimat wurde”, ab Seite 7.

Gibt oder gab es jemals die Angst vor Verfolgung auch in Österreich?

Omar: Ja, schon. Ich träume manchmal, dass mich die Regierung aus Syrien in Österreich verfolgt.

Hast du inzwischen das Gefühl, dass die arabische Kultur noch deine Kultur ist, oder fühlst du dich der österreichischen nun zugehöriger?

Omar: Was ist die arabische Kultur? Und was die österreichische? Sicher nicht alle Araber haben die gleiche Kultur, auch nicht alle Österreicher haben die gleiche. In mir ist eine Mischung aus beiden. Aber natürlich lebt die Kultur meiner Familie und die aus Damaskus noch immer in mir. Arabische Kultur gibt es nicht, weil es gibt 24 Länder und jedes Land hat eine andere Kultur.

Fühlst du dich eigentlich von der Tendenz des in Österreich wachsenden Rechtspopulismus bedroht?  Inwiefern?

Omar: Nein. Angst habe ich nicht, weil ich schon viel Schlimmes erlebt habe. Aber ich habe Angst um dieses Land, weil ich eben dieses Land sehr gerne mag oder liebe. Deshalb habe ich Angst, dass diese Menschen Macht in diesem Land haben werden
. Weil sie behaupten, dass sie Sicherheit wollen, aber in Wirklichkeit zerstören sie nur alles, was schön ist, durch ihr rechtsextremes Denken, weil sicher ist das irgendwann ein Weg zur Gewalt.

Wenn man Bücher wie deines liest, fällt es mir persönlich schwer, die eigenen “erste Welt”-Probleme überhaupt noch ernst zu nehmen. Was würdest du jemandem wie mir sagen?

Omar: Natürlich, deine Probleme in deiner Situation und wie du aufgewachsen bist sind Probleme. Das heißt nicht, dass diese lächerlich sind. Ich hatte auch Probleme, früher, vor dem Krieg, aber ich habe meine Probleme immer mit den großen Problemen verglichen und dann konnte ich sie lösen, oder zumindest ließ ich sie mich nicht zerstören. Du bist hier aufgewachsen, wo du zumindest träumen kannst oder darfst. Ich bin wo aufgewachsen, wo träumen verboten ist. Deshalb sage ich dir: träume und mache das, was du gerne magst. Wenn du etwas willst und sehr daran glaubst, dann schaffst du das, weil wenn du es glaubst, schenkt der Weg dir eine Chance.

Wir bedanken uns recht herzlich bei Omar für das Interview!


Info

Omar Khir Alanam wurde 1991 in Damaskus, Syrien geboren und ist 2014 nach Österreich geflohen. Er schreibt schon seit einigen Jahren Texte und Gedichte und hat sich auch als Poetry-Slammer bereits einen Namen gemacht. Sein Buch „Danke!“ ist am 24. März 2018 im „Edition A“-Verlag erschienen.


 


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