Kenne deine Rechte

Diagnose Frau – weiterhin ein Mysterium


Jede:r kennt es: Die stechenden Schmerzen im Kopf nach einem langen Tag und den schnellen Griff nach den Tabletten. Das mindestens genauso schnelle Beiseiteschieben des Beipackzettels – immerhin war der Tag schon anstrengend genug; immerhin kann man den Expert:innen in der Apotheke ja vertrauen. Aber kann man das wirklich? Was, wenn die Medikamentenforschung nur auf 50 % der Bevölkerung zuträfe? Was, wenn du Teil der anderen 50 % wärst? Würdest du dann genauso schnell zu deinen Medikamenten greifen?

DIE VERGESSENEN 50 %

So gut wie alles, was wir über die Funktionsweise des menschlichen Körpers wissen, lässt sich auf die Forschung an Männern zurückführen – aber was, wenn du eine Frau bist? Angefangen bei Medizinbüchern, in denen hauptsächlich Männer abgebildet werden, bis hin zur Testung neuer Medikamente: In kaum einem Teilgebiet der Medizin wird Frauen genug Aufmerksamkeit geschenkt. Aber woran liegt das?

FRAUEN ALS KLEINE MÄNNER

Schon seit jeher werden Frauen als Kopie der Männer gesehen, nur etwas kleiner und mit anderen Geschlechtsorganen. Dies wirkt sich auf die medizinische Forschung aus. Männer sind die Schablone, Frauen müssen hineinpassen – schließlich sind sie ja auch nur kleine Männer. Aus diesem Grund werden die meisten Medikamente hauptsächlich an Männern getestet – und das bis zum heutigen Tag. Die Dosierung wird einfach auf die Frauen übertragen, obwohl diese allein schon wegen des geringeren Gewichts und der Körpergröße der durchschnittlichen Frau nicht angemessen ist.

MEHR ALS NUR KLEINE MÄNNER

Erschreckend wenig wissen wir über den weiblichen Körper. Aber selbst das, was wir wissen, würde zumindest die Hälfte der Bevölkerung zum Kopfschütteln bringen. Zunächst einmal verdauen Frauen deutlich langsamer als ihre männlichen Gegenüber. Als Folge bleiben Medikamente länger in ihren Blutbahnen, was zu einer höheren Konzentration im Körper führt. Daraus ergeben sich häufig unerwünschte Nebenwirkungen. Frauen reagieren also häufig anders auf medizinische Behandlung jeglicher Art. Doch nicht nur über die abweichende Wirkung der Medikamente wird oft hinweggeschaut – schon die Krankheit selbst zeigt andere Wirkungen im weiblichen Körper. Frauen und Männer unterscheiden sich bis hin zum kleinsten Bestandteil des menschlichen Organismus, und so sollte es doch kaum verwunderlich ein, dass Krankheitserreger in dieser ganz unterschiedlichen Welt andere Folgen zeigen. Das Problem ist also nicht nur die Behandlung, sondern auch die Krankheit und vor allem, wie wenig wir über den weiblichen Körper wissen.

„FRAUEN SIND ZU KOMPLIZIERT“

Aber warum ist die Frau in der medizinischen Forschung heute immer noch unterrepräsentiert? Ganz einfach: Frauen sind zu kompliziert. Denn Hormone bringen viele zusätzliche Faktoren ins Spiel und machen eine Studie schnell komplexer. Und komplexer bedeutet oft auch teuer. Dennoch werden sogar die wenigen Medikamente, die ausschließlich für Frauen vorgesehen sind, hauptsächlich nur an Männern getestet. Die Forschung an all jenen Medikamenten, die für beide Geschlechter zur Anwendung kommen, wird sowieso fast nur exklusiv an Männern betrieben. Als Folge werden Krankheiten, die an Frauen andere Wirkung zeigen, oft übersehen oder falsch diagnostiziert und die, die nur Frauen betreffen, bleiben ein Mysterium.

Nicht jeder kennt es: Das unbehagliche Gefühl beim Griff nach den Tabletten. Gleichgültig, um welche Krankheit es geht – der weibliche Körper bereitet immer noch Kopfzerbrechen. Denn wir Frauen sind mehr als nur kleine Männer. Und trotzdem bekommen wir viel weniger Aufmerksamkeit in der medizinischen Welt als Männer. Und allein dieser Gedanke bereitet schon Kopfschmerzen.


Das könnte dich auch interessieren