Kenne deine Rechte

Wie gerecht ist das Recht?


“Gleichberechtigung bezeichnet die Gleichheit verschiedener Rechtssubjekte in einem bestimmten Rechtssystem.” In anderen Worten: Gleichberechtigung heißt “Ein Recht für alle”. Wir haben in Österreich zwar seit 40 Jahren ein Gleichbehandlungsgesetz (GIBG), aber wird tatsächlich jede*r rechtlich gleichbehandelt?

Zur Entstehungszeit, 1979, sollte das “Gesetz über die Gleichbehandlung von Mann und Frau bei der Festsetzung des Entgelts” genau das tun, was man vermuten würde: Die Lohnschere schließen. Faktisch jedoch gibt es noch immer Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen.

Das Gesetz wurde stetig durch mehrere Erweiterungen ergänzt. Als sich 2004 das “Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Arbeitsleben” zum 25-mal jährte, wurde es zu dem “Bundesgesetz für Gleichbehandlung” transformiert und damit sind Östereicher*innen, zumindest theoretisch, vor Diskriminierung geschützt. Dieser Schutz gilt nur, solang eine Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, sexueller Orientierung oder Behinderung und in der Arbeitswelt ausgeübt wird.

Im Privatrecht hingegen sind nicht alle Gruppen in allen Bereichen geschützt. Insbesondere die Diskriminierung gegen Mitglieder der “LGTBQIA1-Community” ist wenig reguliert

. Joe Niedermayer, der Vorsitzende der RosaLila PantherInnen, formuliert es so:

„Der Anti-Diskriminierungsschutz, der gilt für das Arbeitsrecht, aber nicht für das Privatrecht. Das bedeutet: Du darfst aufgrund deiner sexuellen Orientierung nicht gekündigt werden. Du darfst aber aus dem Lokal, dem Taxi oder der Wohnung geschmissen werden. Das kann zu der lustigen Kombination führen, dass wenn du in einem Lokal oder Kaffeehaus sitzt, das Servicepersonal dich, aber du nicht das Servicepersonal diskriminieren darfst.”

Dennoch muss man sagen, dass Österreich im Bereich des Schutzes vor Diskriminierung sehr fortschrittlich ist. Historisch gesehen kann man das zum Beispiel an der verhältnismäßig frühen Einführung des Frauenwahlrechts, 1918, sehen. In unserem Nachbarland, der Schweiz, haben Frauen erst seit 1971 das Recht zur Urne zu schreiten.

Zwar gibt es für die “LGTBQIA-Community” noch nicht in allen Bereichen diese gesetzliche Gleichstellung, wie für Frauen, aber Herr Niedermayer vergleicht den Weg dorthin gerne: „Jetzt haben Frauen rechtliche Gleichberechtigung, aber wo sind Frauen jetzt? Stichwort Gehalt und Karriere. Frauen sind gesellschaftlich noch nicht gleichberechtigt, aber gesetzlich. So, wenn ich das jetzt mit der queeren Bewegung vergleiche, dann haben wir jetzt fast rechtliche Gleichstellung, aber die gesellschaftliche Gleichstellung fehlt noch.”

Ein weiterer rechtlicher Unterschied ist, dass Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) automatisch nicht zur Blutspende zugelassen werden. Argumentiert wird das von Seiten des Roten Kreuz mit einem erhöhten Infektionsrisikos für HIV und „des verbleibenden Restrisikos bei der Diagnostik”. In Frankreich wurde sogar Klage gegen die Verweigerung einer Blutspende eingereicht, mit der Argumentation: Das würde gegen die Richtlinien der Union verstoßen. Der Kläger verlor. Der Gerichtshof der europäischen Union legte nach diesem Fall fest: „Es muss feststehen, dass für diese Personen ein hohes Übertragungsrisiko für schwere Infektionskrankheiten, wie insbesondere HIV, besteht und dass wirksame Nachweistechniken oder weniger belastende Methoden fehlen, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau der Empfänger sicherzustellen.” Trotzdem ist es in manchen Ländern der EU auch schon für MSM möglich, ihr Blut zu spenden. Dies wird meistens mit einer Wartefrist ab dem letzten Geschlechtsverkehr möglich gemacht. Die Frist fällt teilweise, mit bis zu 12 Monaten, denkbar lang aus.

Joe Niedermayer ist sich aber sicher, dass in Österreich bald alle rechtlichen Unterschiede beseitigt werden können. Für die Aufhebung der gesellschaftlichen Unterschiede müsse man vor allem sichtbar sein, wie zum Beispiel in Form von CSD2-Paraden oder auch mit der Öffnung der Ehe für alle. Diese Sichtbarkeit helfe auch in den umliegenden Ländern, eine ähnlich fortschrittliche Situation, wie in Österreich, zu kreieren.

1 LGTBQIA=Lesbian, Gay, Transgender, Bisexual, Queer, Intersexual, Asexual

2 CSD= Christopher Street Day ist ein Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag der LGTBQIA-Community

Links

Antidiskriminierungsstelle Steiermark

Gleichbehandlungsanwaltschaft – Regionalbüro Steiermark

FAQ – Wen oder was schützt das österreichische Gleichbehandlungsgesetz (GlBG)?


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