„Wer nichts weiß, muss alles glauben“
Social Media hat vieles verändert – nicht nur unsere Kommunikation miteinander. In den USA liest ein beachtlicher Teil der Bevölkerung seine politischen Nachrichten über Facebook. In Europa ist eine ähnliche Entwicklung absehbar. Was vielen dabei nicht klar zu sein scheint – Facebook ist kein Nachrichtenportal. Links, die über die Plattform geteilt, geliked und kommentiert werden, führen oftmals nicht zu echten Nachrichten, sondern zu fabrizierten Geschichten, die beeinflussen sollen anstatt zu informieren.
Spätestens seit der Präsidentschaftswahl 2016 in den USA sind Fake News ein fester Bestandteil der politischen Berichterstattung weltweit
. Im Zuge des Wahlkampfs wurden von Russland verschiedene Fake News Stories über die demokratische Kandidatin Hillary Clinton verbreitet. Einer Studie der Ohio State University zufolge dürften diese ein effektives Mittel gewesen sein, WählerInnen davon abzubringen, ihre Stimme für sie abzugeben. Ungefähr ein Viertel der Obama-WählerInnen von 2012 gab an, wenigstens eine der Geschichten zu glauben – aus dieser Gruppe stimmten ungefähr 45% für Clinton. Von den Obama-WählerInnen, die keine der Geschichten für wahr hielten, gaben 89% ihre Stimme für Clinton ab.
Gesetzesentwurf gegen Fake News
Aber auch in der europäischen politischen Berichterstattung sind Fake News auf dem Vormarsch
. Während des letzten Präsidentschaftswahlkampfs in Frankreich tauchten Berichte auf, wonach Emmanuel Macron ein geheimes Bankkonto habe oder schwul sei. In der vergangenen Woche hat das französische Parlament damit begonnen, einen Gesetzesentwurf zu diskutieren, demnach künftig ein/e RichterIn befugt wäre, in den drei Monaten vor nationalen und Europawahlen die Löschung von Falschinformationen anzuordnen.
Es ist wenig überraschend, dass dieser Entwurf schon jetzt heftiger Kritik ausgesetzt ist. Die Frage, wer denn entscheide, was Fake News seien, und die Angst vor moderner Zensur überwiegen bei vielen die Sorgen um Beeinflussbarkeit und Fehlinformation.
Verhärtete Fronten und minimaler Aufwand
Da gezielt platzierte Halbwahrheiten scheinbar schon immer Teil der politischen Diskussion waren, erzeugen Fake News in der Bevölkerung vergleichsweise wenig Besorgnis. Im Gegenteil haben offenbar viele Menschen mehr Angst davor, den Mund verboten zu bekommen, als durch absichtliche Falschinformation beeinflusst zu werden. Die Verbreitung erfundener Informationen ist vor allem problematisch, weil immer etwas davon im Bewusstsein zurückbleibt, auch wenn der ursprüngliche Bericht bereits widerlegt wurde. Somit wird innerhalb kurzer Zeit mit geringem Aufwand Misstrauen erzeugt, das zu Spaltung und der Verhärtung politischer Fronten beiträgt. Es ist kein sinnvoller Dialog möglich, wenn offensichtlich erfundene Geschichten debattiert werden müssen.
Nur wenige informieren sich, wie sie Falschnachrichten als solche erkennen können und unterscheiden nicht zwischen Social Media und ernsthaftem Journalismus.
Es ist ein Fehler, diese Entwicklungen nicht ernst zu nehmen und es liegt in der Verantwortung jeder/jedes Einzelnen, Medien bewusster zu konsumieren und auch einmal über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.
Links zum Thema
A new study suggests fake news might have won Donald Trump the 2016 election (Washington Post)
Frankreich will Fake News von Gerichten verbieten lassen (FAZ)