Kenne deine Rechte

Sind Demos nur ein destruktiver Spaß?


Wir gehen auf die Straße, um die Welt zu verändern. Doch ist dieses Menschenrecht (Artikel 11, EMRK) hier in Österreich  in Gefahr?

“One has a moral responsibility to disobey unjust laws.” ? Martin Luther King Jr.

Anfang Februar war das noch ein brisantes Thema, da Innenminister Wolfgang Sobotka breit ankündigte, dass er das Demonstrationsrecht abändern wolle. Herr Sobotka hat dies nicht mit seinen Parteikollegen abgesprochen, daher sind diese Vorschläge etwas undurchdacht. Es ging im konkreten um vier Themen:

1. Verhinderung von „Spaßdemonstrationen“

Der Innenminister möchte „Spaßdemonstrationen“ einen Riegel vorschieben. Diese definieren sich dadurch, dass der Grund für die Demo nicht „wichtig genug ist“. Auch generell sollen Demonstrationen eingeschränkt werden können, wenn dadurch Geschäftsinteressen, z.B. durch die Lautstärke der Versammlung, beeinträchtigt werden. Die Interpretation dessen steht natürlich dem, der am Hebel sitzt, frei. Es kann dann schon passieren, dass deine Murkraftwerkdemo abgesagt werden muss, weil es zum Kaffee bestellen sonst zu laut ist.  ¯\_(?)_/¯

2. Haftung durch Versammlungsleiter/innen

Da Demonstrationen in Österreich durch das Versammlungsgesetz (BGBl. Nr. 98/1953) geregelt werden, soll ein/e Versammlungsleiter/in für etwaige Schäden haftbar gemacht werden. Der Gedanke dahinter ist wahrscheinlich der, dass zum Beispiel bei Demo-Sprayer/innen keine aufwändige Suche nach dem/der Schuldigen angelegt werden muss, sondern einfach der/die Leiter/in zivilrechtlich belangt wird. Aus Polizeisicht ist es jedoch ungeschickt, einer wütenden Masse die Eigenverantwortung zu nehmen, zudem wird es unglaublich schwer, in Zukunft Menschen zu finden, die sich bereit erklären dieses finanzielle Risiko auf sich zu nehmen um ihre berechtigte Meinung kundzutun. Dies ist in dem Fall natürlich unabhängig vom eigentlichen Grund der Demonstration zu sehen.

3. Einschränkung von ausländischen politischen Themen

Nach der Demonstration gegen den Putschversuch in der Türkei vergangenen Juli sieht Sobotka hier Änderungsbedarf.

4. Erhöhung der Frist zur Anmeldung von Kundgebungen

Durch die Erhöhung der Frist von 24 Stunden auf 72 Stunden soll der Exekutive Zeit gegeben werden, um das Polizeiaufgebot zu planen und „die Sicherheit zu gewährleisten“. Dies ist wahrscheinlich die mildeste der Maßnahmen, jedoch werden wir sehen, was die Zukunft bringt. Vielleicht werden diese 48 zusätzlichen Stunden noch in der Bekämpfung eines akuten Missstandes fehlen. Wer weiß?

Die Thematik ist mittlerweile wie jeder Aufreger wieder in der Belanglosigkeit der Massenmedien versunken, vermutlich weil sich jede halbwegs menschennahe Partei ausdrücklich gegen diese Vorschläge ausgesprochen hat.

Am 21.03.2017 kündigte der Innenminister an, dass es nun eine Einigung zwischen der SPÖ und ÖVP gibt. Diese Einigung umfasst folgende Punkte:

1.  Spontankundgebungen sind zum Glück (wie menschenrechtlich auch ganz klar geregelt) noch erlaubt und es wird keine zusätzliche Genehmigung benötigt. Immerhin.

2
. Die Verschärfung der Haftung für Demonstrationsleiter/innen wurde bisher noch nicht auf den Plan gesetzt. Jedoch beharrt Sobotka darauf, diese noch bis 2018 durchzusetzen
.

3. Beschlossen wurde auch, dass die Regierung das Recht hat, Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker/innen zu unterbinden. Ob diese Regelung auch potentiell missbräuchlich angewandt werden kann, bleibt abzuwarten.

4. Die Verlängerung der Anmeldefrist ging teilweise durch. Sie wurde nun auf 48 Stunden verdoppelt. Für ausländische Demos sogar versiebenfacht, also müssen solche Demos sogar eine ganze Woche im Vorhinein angekündigt werden.

5. Der örtliche Abstand einer Gegendemo muss 50-100 Meter betragen.

Es scheint also, als wäre der Innenminister bereit, Demokratie abzubauen und Menschenrechte zu verletzen, um „die Sicherheit zu erhöhen“. Artikel 11 der EMRK gibt uns die Freiheit, unsere Meinung öffentlich kundzutun, und diese Freiheit soll hier offenbar eingeschränkt werden.

Was heißt das nun für uns, was ist zu tun? Wir, die wir uns nicht unter den Teppich kehren lassen. Wir, die wir unserer Stimme eine Form geben wollen, weil es unsere Pflicht ist, als Teil einer demokratischen Gemeinschaft, für unsere Rechte auf die Straße zu gehen. Wir dürfen uns nicht kleinkriegen lassen! Deshalb werde ich (der Autor) in den nächsten Wochen eine Demonstration organisieren, um auf diesen gravierenden Missstand laut und deutlich aufmerksam zu machen. Willst du mich unterstützen, dann melde dich! Jedes Bisschen hilft. Gemeinsam werden wir dagegenhalten. Sei dabei!

 

Foto (in abgewandelter Form für den Artikel und auf der Startseite verwendet): (c) Leffler, Warren K. This work is from the U.S. News & World Report collection at the Library of Congress. According to the library, there are no known copyright restrictions on the use of this work.


Das könnte dich auch interessieren