Wenn Kinderaugen (nicht) zu leuchten beginnen
Bunte Plakate verkünden: Am 1. Juni ist Internationaler Kindertag. In Österreich feiert der Spielwarenhandel heuer zum ersten Mal in großem Rahmen den Internationalen Kindertag. Über 100 Spielwarengeschäfte laden unter dem Motto „Komm spielen“ zu einem bunten Programm ein.
Ein Tag des Lachens und des Konsums
Als Ausrichter des Kindertages im deutschsprachigen Raum versuchte sich in den letzten Jahren vor allem die Spielwarenbranche, die das bisher vor allem in der ehemaligen DDR etablierte Datum dem offiziellen Termin im Herbst vorzieht. Den Kindern soll ein „Spieltag“ geschenkt werden – genauer betrachtet handelt es sich dabei eher um einen Tag des Konsums, der als getarnte Werbemaßnahme zum Spielzeugkauf anregen soll. Denn dem Spielwarenhandel geht es wirtschaftlich nicht mehr so gut wie vor ein paar Jahren, der Onlinehandel macht den traditionellen Geschäften Konkurrenz
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Ein traditionsreicher Tag auf Abwegen
Der Internationale Kindertag wurde vor fast 100 Jahren zum ersten Mal begangen. 1920 führte die Türkei als erstes Land der Welt einen Kindertag ein. Seine weltweite Geburtsstunde erlebte der Tag 30 Jahre später, als das Weltkinderhilfswerk (UNICEF) der Vereinten Nationen eine Empfehlung für die Einführung eines Tages herausgab, an dem an die Rechte von Kindern erinnert werden sollte. Die UNO begeht den Weltkindertag am 20. November, da an diesem Tag im Jahr 1959 die Erklärung der Kinderrechte und im Jahr 1989 das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, die UN-Kinderrechtskonvention (KRK), verabschiedet wurde. Heute feiern 145 Staaten den Kindertag, viele zu unterschiedlichen Terminen. In über 30 Nationen, darunter in den USA, China, Österreich und teilweise in Deutschland, wird der Kindertag am 1. Juni begangen.
Gerade wegen dieser langen Tradition wäre es durchaus sinnvoll sich Gedanken zu machen: Hat ein kommerzialisierter Kindertag wirklich noch etwas mit der ursprünglichen Idee, auf die Bedürfnisse und Rechte von Kindern weltweit aufmerksam zu machen, zu tun? Oder stehen mittlerweile die Interessen der Spielzeugindustrie und des Spielwarenhandels im Vordergrund?
Ein Tag des Weinens und des Hungerns
Geht man nach den Ankündigungen der Spielwarenbranche, handelt es sich um einen festlichen Tag, an dem viel gelacht wird. Doch in Wirklichkeit gibt es gar keinen Grund zum Feiern. Eine UNICEF-Vergleichsstudie zu Kinderarmut aus dem Jahr 2012 spricht eine deutliche Sprache: Allein in der Europäischen Union müssen 13 Millionen Kinder auf essentielle Dinge (von drei täglichen Mahlzeiten bis hin zu einem ruhigen Platz für Hausaufgaben) verzichten und über 30 Millionen Kindern in den OECD-Staaten leben in Armut.
Auch in Österreich liegt die Armutsrate von Kindern bei 7,3 Prozent. Ohne staatliche Maßnahmen wie Steuererleichterungen und Kindergeld würde die Armutsrate von Familien mit Kindern sogar 17,5 Prozent betragen
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Unerwähnt soll auch nicht der Umstand bleiben, dass die meisten Kinder weltweit vom Kauf eines neuen Spielzeugs nur träumen können. Schätzungen zufolge müssen 150 Millionen Kinder im Alter von fünf bis14 Jahren weltweit jeden Tag arbeiten, aber nicht um sich das neueste Rennauto oder eine neue Puppe zu kaufen, sondern um zur Ernährung ihrer Familien. Kinderarbeit ist sowohl ein Grund für Armut als auch eine Konsequenz daraus. Arbeitenden Kindern ist es nicht oder kaum möglich die Schule zu besuchen, und ohne eine gesicherte Lebensgrundlage werden sie wohl noch lange von freier Zeit zum Spielen bzw. einem neuen Spielzeug träumen, während sie beispielsweise Fußbälle für die Kinder im Westen nähen.