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3000 Euro – ein guter Preis für ein Kind!?


Im Sommer wurde sie beim Stehlen von Kosmetikprodukten in einem Kaufhaus erwischt. Sie zeigte sich für zahlreiche Laden- und Taschendiebstähle geständig, manchmal arbeite sie auch als Stripperin. Nach Überprüfung ihrer Aussage stellte sich heraus, dass sie auch Opfer von sexuellen Übergriffen geworden war.

Fälle wie der dieser 17-Jährigen Minderjährigen, die von ihren Eltern an Schlepper verkauft und nach Österreich gebracht wurde, um hier zu arbeiten, kennt Karin Hirschl, stellvertretende Leiterin des Zentrums Drehscheibe, zur Genüge. Das Zentrum Drehscheibe in Wien nimmt sich allen minderjährigen Kindern und Jugendlichen an, die sich ohne Begleitung in Österreich aufhalten.

Hinter der Entstehung der Drehscheibe steckt ein trauriger Grund

Entstanden ist die Drehscheibe vor acht Jahren, als über 600 Kinder und Jugendliche pro Jahr nach Österreich gebracht wurden: „Die Drehscheibe entwickelte sich als sehr viele Kinder aus den Ostländern Rumänien und Bulgarien hier in Wien aufgetaucht sind, die zum Betteln, Stehlen und im schlimmsten Fall zur Prostitution eingesetzt wurden.“

Betteln, stehlen, sich prostituieren – wo bleibt da die Kindheit?

Sind die Kinder und Jugendlichen erst einmal in Österreich angekommen, beginnt für sie ihr „neues Leben.“ Sie werden in Wohnungen, in denen bis zu 20 Kinder hausen, untergebracht und müssen von diesen Quartieren aus in Gruppen von drei bis fünf Kindern auf Beutezug gehen. „Jede Gruppe muss mindestens 350 Euro pro Tag erbeuten. Wenn das nicht passiert, dann werden die Kinder durch Essens- und Schlafentzug sowie Prügel bestraft.“

Unter Androhung psychischer und physischer Gewalt werden die Kinder derart eingeschüchtert, dass sie vor einem Weglaufen oder Behördenkontakten zurückschrecken. „Meistens fallen die Kinder und Jugendlichen durch Routinekontrollen der Polizei auf“ und werden dann zum Schutz vor den Schleppern in die Drehscheibe gebracht.

Wien war einst auch die Drehscheibe dafür

Der Grund warum Eltern ihre Kinder an die Schlepperbanden verkaufen ist immer derselbe – Armut: „Die Eltern wissen zumeist nicht hundertprozentig was ihren Kindern widerfährt und ungefähr 3000 Euro sind schon ein guter Preis für ein Kind.“ Die Schlepper versprechen den Eltern, dass ihre Kinder bessere Möglichkeiten in Österreich haben werden. Manchmal stehen die Eltern auch in der Schuld der Schlepper und sind so gezwungen ihre Söhne und Töchter als Pfand mitzugeben.

Die Kinder und Jugendlichen werden über Schlepper aus den ehemaligen Oststaaten nach Wien und teilweise dann weiter in andere Länder Europas gebracht. Somit war bzw. ist Wien die Drehscheibe für den Kinderhandel der Schlepperbanden
. Seit 2008 ist die Zahl der Kinder in Wien im Sinken begriffen. Doch wie das so ist – wenn ein Problem irgendwo aufhört zu existieren, taucht es an anderer Stelle erneut und meist in verstärkter Form auf: In den letzten Jahren haben vor allem Länder wie Spanien, Frankreich und Großbritannien mit dem Problem des Kinderhandels zu kämpfen.

Ein Blick in die Zukunft

Die Zukunft der 17-Jährigen sieht positiv aus. Durch die Aufnahme in die Drehscheibe wurde ihr die Möglichkeit geboten die Vergangenheit hinter sich zu lassen und optimistisch in die Zukunft zu blicken
. Sie besuchte einige Kurse um Deutsch zu lernen und möchte bald die Matura nachholen.

Welchen persönlichen Wunsch hat Hirschl für die Zukunft? „Ich würde mir wünschen, wenn wir allen Menschen irgendwie begreiflich machen könnten, dass Kinder unser höchstes Gut und Potenzial für die Zukunft sind.“

 

Interview mit Karin Hirschl (Leiterin stv. des Zentrums Drehscheibe)

 

Weiterführende Informationen und Links:

Hintergrundinformationen und Hinweise zur Identifizierung von Betroffenen, BMWFJ

Factsheet zum Thema Kinderhandel, UNICEF

Informationen zum Kinderhandel in der EU, Agentur der Europäischen Union für Grundrechte

Informationen zum Thema Kinderarbeit (mit Links und Literatur) des BWMFJ

Filmtipp zum Thema: Im Auftrag der Sippe – Wie Roma-Kinder zu Dieben werden

 


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